Hallo!
Langer Text. Das Thema ist aber auch komplex. Betrifft aber jeden von uns!
Wie im Telekom-Thread schon angesprochen, starte ich zu diesem Thema mal einen neuen Thread. Es geht um die Netzneutralität, die nicht zuletzt durch das Drosselungs-Vorhaben der Telekom bedroht ist.
Erst mal die Definition von Netzneutralität (Wikipedia entnommen):
"Netzneutralität bezeichnet die wertneutrale Datenübertragung im Internet. Netzneutrale Internetdienstanbieter (englisch internet service provider) senden alle Datenpakete unverändert und in gleicher Qualität von und an ihre Kunden, unabhängig davon, woher diese stammen, zu welchem Ziel sie transportiert werden sollen, was Inhalt der Pakete ist und welche Anwendung die Pakete generiert hat."
-> http://de.wikipedia.org/wiki/Netzneutralit%C3%A4t
Die reine Drosselung der Telekom scheint unter diesem Aspekt kein Angriff darauf zu sein. Man muss aber auch die gesamte Telekom-News lesen. Denn die Daten die durch die VoIP-Telefonie und Telekom-Entertain (IPTV) sind davon ausgenommen. Später folgen dann weitere Angebote wie z.B. die eigene Cloud. Das Spotify-Musikstreaming kann man sich z.B. schon für rund 10€ als unbegrenzte Spotify-Flatrate zu seinen Verträgen dazu buchen:
-> http://www.t-mobile.de/tarifop…20406,17775-_3145,00.html
-> http://www.hardwareluxx.de/ind…netzneutralitaet-ein.html
Man treibt seine Kunden damit noch stärker in die eigenen Dienste, wenn das Inklusiv-Volumen auf einmal für das bisherige Surfverhalten nicht mehr ausreicht. Oder knöpft den Kunden für bisherig kostenlos inklusiv erhaltene Angebote zusätzliches Geld ab (Spotify). Und Spotify wird nicht die Ausnahme bleiben.
Aber nicht nur das ist ein Problem. Bei der 16Mbit-DSL-Verbindung bekommt man ein Inklusiv-Volumen von 75GB. Oder bei VDSL50 (was aber auch entsprechend teurer ist) sind es 200GB. Das hört sich erst einmal viel an. Aber rechnet mal selbst:
- Was der Download der Patches nach einer Windows-Installation benötigt (gut 2GB)
- Patches für die anderen Progs (Java, Flash, Acrobat, VLC, Browser, Office usw.)
- was die DLCs von Spielen benötigen (BF3 über 30GB)
- Downloads von Patches für andere Games
- der gesamte digitale Vertrieb von Spielen (z.B. Bioshock Infinite: 20 GB)
- hier z.B. Steam und Origin (Patches für Games)
- Skype, Mumble, Teamspeak - die gesamte (Video)telefonie verbraucht Volumen.
- was die täglichen Updates der Virenscanner benötigen
- Nutzung von Videos bei Youtube; der Trend geht dort zusätzlich noch Richtung HD
- andere Streaming-Angebote (Musik, Video)
- Nutzung von Cloud-Speicher (z.B. Dropbox, Skydrive oder Google Drive)
- Nutzung von Google Maps
- Facebook, Google+ (inkl. der dort hochgeladenen Videos und Fotos von Freunden und Bekannten)
- Filesharing (Bittorent)
- Emails
- das normale Websurfen
--> und das ganze multipliziert sich, wenn Lebenspartner und Kinder mit eigenen Geräten das Internet mit nutzen!
--> Und in wenigen Jahren sind die genannten Inklusiv-Volumen bei dem steigenden Datenaufkommen doch nicht mehr als ein schlechter Witz!
Schaut mal, was hier so alles als Beispiele genannt wird:
-> http://www.zeit.de/digital/int…om-drosselung-75-gigabyte
-> http://stadt-bremerhaven.de/wa…-gigabyte-du-verbrauchst/
Es bleibt also immer weniger Volumen übrig, der wirklich diskriminierungsfrei genutzt werden kann. Wenn Google & Co. erst mal merken, dass ihre Angebote nicht mehr so stark genutzt werden (können), fangen die irgendwann wirklich an, für die Durchleitung ihrer Daten an Telekom & Co. zu zahlen. Dafür werden deren Daten dann in den Netzen der Provider bevorzugt behandelt ... was eindeutig zu Lasten der Bandbreite für die anderen Daten der anderen (tlw. auch kleineren) Anbieter geht.
Was bedeutet das dann?
Man bekommte die meisten Inhalte der großen und zahlenden Anbieter in der gleichen Qualität wie bisher (man kann ein Youtube-Video oder Musik ja nicht "schneller" in der Gesamtlänge sehen oder hören, nur, weil die Daten schneller geladen werden), während die anderen Daten (z.B. Patches) langsamer runtergeladen werden können, weil die dafür zur Verfügung stehende Bandbreite zu Gunsten von Google & Co. geringer wird. Wie war das nochmal mit "diskriminierungsfreier Transfer aller Daten"? Und wenn das Inklusiv-Volumen mal aufgebraucht ist, kann man das mit dem zeitweisen Entzug des Führerscheins vergleichen. Anstatt schnell von A nach B zu kommen (volle Bandbreite) muss man nun laufen oder mit dem Fahrrad fahren (nur 364kb/s als Bandbreite). Nur die Telekom-eigenen Dienste und von den Anbietern bezahlte Dienste funktionieren dann weiterhin ohne Einschränkung, was eine Wettbewerbsverzerrung ist und eine Diskriminierung der Konkurrenzdaten darstellt - und spätestens hier wird die Netzneutralität verletzt. Wer das nicht glaubt - der Anfang ist bereits gemacht! in Frankreich zahlt Google bereits Durchleitungsentgelte an Orange (France Telecom):
-> http://www.heise.de/newsticker…te-an-Orange-1788434.html
Und es gab ja auch schon in der Vergangenheit Fälle, wo Provider z.B. bestimmte Ports von bestimmten Diensten gedrosselt wurden:
-> http://stadt-bremerhaven.de/yo…-bei-der-telekom-langsam/
-> http://www.dslweb.de/dsl-news-…i-1und1-dsl-10100303.html
-> http://www.golem.de/news/100-k…le-kunden-1207-93442.html
-> http://www.shortnews.de/id/522…andbreite-wird-gedrosselt
-> http://stadt-bremerhaven.de/fr…werbung-in-ihren-routern/
Es betrifft also jeden von uns, was dort mit der Drosselung der Telekom seinen Anfang nimmt. Und es ist blauäugig zu behaupten, dass man dann einfach den Anbieter wechselt. Vodafone und die anderen Anbieter werden dort auch nachziehen. Die ersten Gerüchte in diesen Bereich gibt es ja schon (siehe Vodafone). Die warten jetzt erst mal aus der Deckung ab, wie es bei der Telekom weiter geht. Sollten die sich durchsetzen, wird es nicht lange dauern, bis sich die nächsten mit einer Drosselung aus der Deckung wagen und/oder bestimmte Dienste bervorzugen. Und selbst wenn deren Volumen nicht beschränkt werden sollte - die Telekom hält den größten Internet-Backbone in Deutschland. Sprich, die meisten Daten laufen nahezu zwangsläufig irgendwann/wo über den Internet-Backbone der Telekom. Wenn die Telekom aber als größter Anbieter für Google & Co. Bandbreiten garantiert und der restliche Verkehr drunter leidet, werden sich die langsameren Geschwindigkeiten auch bei den Wettbewerbern niederschlagen, die ihre Datenleitungen irgendwo an den Telekom-Backbone angeflanscht haben müssen um erreichbar zu sein, sofern sie nicht ohnehin eine Telekom-Leitung zum Endkunden nutzen, wie es vielfach der Fall ist.
Und es gibt auch noch einen Gerechtigskeits-Aspekt bei der Netzneutralität. Wenn zusätzlicher Content irgendwann extra Geld kostet, sind die niedrigeren Einkommensschichten von den zusätzlichen Angeboten abgeschnitten. Das wird in einem Video sehr gut erklärt:
-> http://youtu.be/XvYF8_hGgtc
Von daher muss eigentlich jeder Internet-Nutzer hier laut protestieren und darf diese Entwicklung nicht blauäugig einfach hinnehmen!
Hier noch ein paar weitere interessante Links, die das Thema aufgreifen und erläutern:
-> http://www.zeit.de/digital/int…provider-netzneutralitaet
-> http://netzpolitik.org/2013/wh…utrality-netzneutralitat/
-> http://netzpolitik.org/2013/ne…e-internet-in-gefahr-ist/
Grüße
EDIT/NACHTRAG
Hier noch der Link zur Petition gegen das Telekom-Vorhaben:
-> https://www.change.org/de/Peti…utm_source=share_petition